DIGITALE SPUREN

Kultur goes online

DURCH DIE PANDEMIE ENTWICKELTEN SICH KUNST UND KULTUR IMMER MEHR ZUM DIGITALEN ERLEBNIS. MUSEEN, THEATER, KONZERTSÄLE, OPERNHÄUSER UND MUSIKER*INNEN – ALLE STARTETEN DIGITAL DURCH, UM DAS PUBLIKUM AUF DEM SOFA ZUHAUSE ZU ERREICHEN. WAS BLEIBT DAVON UND SIND AUCH KÜNFTIG HYBRIDVERANSTALTUNGEN AUS ANALOG UND DIGITAL DENKBAR? WIR HABEN AGNETHA JAUNICH UND DIRK REHLMEYER NACH IHREN ERFAHRUNGEN UND EINSCHÄTZUNGEN GEFRAGT.

AGNETHA JAUNICH

Performancekünstlerin, Tänzerin und Mitbegründerin des Feedback Kollektivs

INWIEFERN HAT CORONA FÜR EINEN DIGITALISIERUNGSSCHUB IN IHREM BEREICH GESORGT?

Die Pandemie hat dazu geführt, dass die analoge Bühnenkunst vermehrt Wege in den digitalen Raum gefunden hat. Das Streaming von Inszenierungen, sowohl live als auch en demand, ist stark angestiegen. Viele Künstler:innen haben so ihre Arbeiten dem Publikum zur Verfügung gestellt. Das gab es vorher in dieser Masse nicht. Auch die Nutzung von digitalen Kommunikationsmitteln, wie zum Beispiel ZOOM ist in den letzten eineinhalb Jahren fast zum Mainstream für die darstellende Kunst geworden. Dies war eine der wenigen Möglichkeiten, um mit den Zuschauer:innen in einen direkten Austausch gehen zu können. Dafür mussten sich natürlich auch die Inszenierungsweisen anpassen. Zudem denke ich, dass viele Künstler:innen die Wichtigkeit von digitalen sozialen Netzwerken (neu) entdeckt haben. Regelmäßige digitale Sichtbarkeit wurde in der Pandemie umso wichtiger, da ja alles andere während des Lockdowns so gut wie unmöglich war.

WAS BLEIBT DAVON?

Ich vermute, dass von allem ein bisschen bleiben wird. Schon aus rein pragmatischer Sicht, denn die Technik und das nötige Know-how wurden ja vielerorts, zum Teil mit nicht gerade geringem Aufwand, angeschafft. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass einige digitale
Performancekünstlerin, Tänzerin und Mitbegründerin des Feedback Kollektivs Möglichkeiten, wie zum Beispiel Streaming auch Vorteile mit sich gebracht haben. Zum Beispiel konnte man so auch ein überregionales Publikum erreichen. Wahrscheinlich wird dies stark abhängig sein von der jeweiligen Zielgruppe und Arbeitsweise der Künstler:innen. Aber ich bin mir sicher, dass wir alle froh sein werden, wenn wir wieder live vor einem analogen Publikum auftreten dürfen. Wenn wir dazu noch über den digitalen Weg ein Remote-Publikum erreichen, umso schöner.

BEHAUPTEN SICH KÜNFTIG HYBRIDE FORMATE?

Ja. Schon vor der Pandemie gab es immer mehr eine Verschmelzung von digitaler Technologie und Bühnenkunst. Das wird auch in Zukunft so bleiben und sich sicherlich auch noch weiterentwickeln. Die Pandemie hat hier sicherlich Anschubhilfe gegeben.

WIE STEHT ES UM DIE BEZAHLKULTUR FÜR DIGITALE ANGEBOTE?

Die Bezahlkultur, gerade in der freien Szene, war schon vor der Pandemie zum Teil sehr fragwürdig. Ich bin immer wieder überrascht, dass einige Menschen bereitwillig für einen Kaffee to go in manchen Coffee Stores fünf Euro und mehr bezahlen, aber ihnen eine Theaterkarte für sieben Euro zu teuer ist. Im Digitalen wird dies natürlich noch einmal verstärkt. Schließlich können wir für meist unter zehn Euro auf komplette Video- und Musikmediatheken zugreifen. Wozu dann also einen nicht viel niedrigen Preis zahlen für eine Theater- oder Tanzinszenierung, die nur eine Stunde andauert? Ich denke, hier muss ein klares Umdenken stattfinden, denn der Unterschied zwischen Film und Bühnenkunst bleibt die Beziehung zum Publikum. Besonders bei digitalen Live-Formaten sollte man sich immer vor Augen rufen, dass diese Inszenierung gerade zeitgleich abläuft und die Darsteller:innen direkt für die Zuschauenden performen. Das kann Netflix nicht. Bei en demand Streaming von Inszenierungen fände ich es gut, wenn die Politik die aktuelle sich veränderte Situation begreifen würde. Gerade für Solo Selbständige und kleinere Gruppen fehlt es an neuen Förderstrukturen, damit auch diese ihre Kunst dauerhaft online zur Verfügung stellen können, wenn sie das wollen. Denn online heißt ja nicht kostenfrei, GEMA Gebühren und Webspace müssen bezahlt werden, genauso wie die Produktion an sich. Hier wäre es wichtig, dass eine Chancengleichheit geschaffen wird, damit nicht nur die großen Institutionen im Netz sichtbar sein können, wenn sie denn wollen.

DIRK REHLMEYER


Geschäftsführer Kanal 21

INWIEFERN HAT CORONA FÜR EINEN DIGITALISIERUNGSSCHUB IN IHREM BEREICH GESORGT?
Die Kanal 21 gGmbH hat sich in den letzten anderthalb Jahren noch schneller, als es sich schon vor Corona abgezeichnet hatte, zu einem Streaming-Dienstleistenden entwickelt, der insbesondere die kulturelle, soziale und bildende Szene von Ostwestfalen-Lippe bei gemeinnützigen Verbreitungen unterstützt. Neben den bei uns schon länger etablierten Konzerten aus dem Rock- und Pop-Bereich durften wir mittlerweile auch klassische Musik in – was nicht selbstverständlich ist – dementsprechender Tonqualität und vielfältige Kleinkunstevents verbreiten. Besondere Höhepunkte waren die sechs Veranstaltungen der aus über 20 regionalen Kultureinrichtungen bestehenden www.die-kulturbande.de, bei denen wir als Besonderheit jeweils auf zwei sich abwechselnden Bühnen ein gemeinsames Live-Programm gestaltet haben.

WAS BLEIBT DAVON?
Besonders deutlich wird der Nutzen von Streams bei Tagungen. Jeweils mit mehr als hundert Teilnehmenden haben wir eine bundesweite medienpädagogische sowie weltweite entwicklungspolitische Konferenz als technischer Dienstleistender realisiert. Die Moderationen und die Mehrzahl der Vorträge wurde dabei aus unserem Studio in hoher Qualität für alle Tagungsteilnehmenden verbreitet, sich anschließende Fragen und Diskussionen über Konferenzprogramme in das Livetagungssignal eingespeist. Vor dem Hintergrund der Klimakrise hoffe ich sehr, dass solche Formen sich noch weiterentwickeln. Viele für die Zivilgesellschaft wichtige Inhalte kann man bei entsprechender technischer Qualität gut vermitteln und mit entfernten Beteiligten besprechen, ohne große Mengen an Abgasen zu verursachen.

BEHAUPTEN SICH KÜNFTIG HYBRIDE FORMATE?
Live-vor-Ort-Interaktionen sind für die KünstlerInnen und deren Publikum unersetzlich, aber für viele Kulturveranstaltungen bietet es sich durchaus auch für die Zeit nach Corona an, sie darüber hinaus live zu streamen. Dabei gilt es die technischen Strukturen so zu nutzen, dass die virtuell Zuschauenden einbezogen werden. Hier stehen wir alle noch am Anfang der Entwicklung von Veranstaltungs-/Sendungsformaten, die beide Ebenen berücksichtigen. Im Kanal 21 erproben wir solche Dinge derzeit im Rahmen des vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW geförderten Projektes „wir sind hybrid“.

WIE STEHT ES UM DIE BEZAHLKULTUR FÜR DIGITALE ANGEBOTE?

Es hat durchaus eine Phase gegeben, in der über Streams spürbare bis
erhebliche Einnahmen erzielt wurden. Hierbei haben wir Spendenmodelle oft erfolgreicher als Ticketsysteme wahrgenommen. Gerade für lokal
oder regional agierende Kulturschaffende ist es aber in der Regel bislang weiterhin schwierig, die eigenen Leistungen auf digitalen Wegen zu monetarisieren. Da aber Kultur im Internet für die großen Intermediären, wie YouTube, Facebook, Google etc. zu den ganz großen Profitcentern gehört, darf man sich mit dem Status Quo keinesfalls abfinden. Hier müssen Gesetzgebende, Kulturschaffende und -nutzende gemeinsam dafür sorgen, dass die kulturelle Vielfalt auch im Netz einen Wert bekommt.

Foto: Presse, Benjamin Hanke

Spektrum – JOSEF SCHULZ


So erhält die Architektur einen skulpturalen Charakter“, sagt Josef Schulz. Der erstaunliche Effekt zeigt sich, wenn selbst Bielefelderinnen das markante Sennestadthaus nicht auf Anhieb erkennen.

BIELEFELDER PHILHARMONIKER


DIE VORFREUDE AUF DIE KOMMENDE SPIELZEIT 23/24 IST IHM NICHT NUR ANZUSEHEN.

#KULTUROHNEHAUS


OSTBLOCK KULTURHAUS E.V SIE SIND MEISTERINNEN DER IMPROVISATION. DAS HABEN DIE 120 KÜNSTLERINNEN DES OSTBLOCK KULTURHAUS E.V. IN DEN VERGANGENEN JAHREN EINDRÜCKLICH UNTER BEWEIS GESTELLT. MIT VIEL ENTHUSIASMUS UND HERZBLUT…

Mein Schatten springt vor Freude


Der 2010 gegründete Verein „Die Wortfi nder e.V.“ fördert das Kreative Schreiben und die Literatur von besonderen Menschen und Menschen in besonderen Lebenslagen. Der Schwerpunkt der Aktivitäten liegt bei Menschen…