Der richtige Augenblick

Veit Mette

Die Stadt und ihre Menschen prägen seine Arbeit. Aber seine Arbeiten prägen auch die Stadt, denn Veit Mettes Fotografien sind hier vielfach öffentlich und offensichtlich präsent. Nicht versteckt in Galerien, sondern oft an unerwarteten orten. „ich mag es, mit den Bildern zu den Menschen zu kommen“, so der Bielefelder.

Das reicht von den Bildern aus Bethel, die seit Jahren auf der Stadtbahn unterwegs sind, bis zur jüngsten Ausstellung großformatiger Aufnahmen am Kesselbrink-Parkhaus. Mit seinem unglaublichen Gespür für Perspektiven und den richtigen Augenblick beeinflusst Veit Mette dabei stets auch, wie die BielefelderInnen ihre Stadt sehen. Schräg, mit trockenem
Humor und immer überraschend – das passt zur OWL-Metropole und ihren BewohnerInnen. Genau deshalb ist es so stimmig, dass der Fotograf im Juni 2020 als „City ARTist“ nomi niert wurde. Unter diesem Titel hat das NRW
KULTURsekretariat Wuppertal zehn Preise für Bildende Künstler*innen ab 50 Jahren in der Gesamthöhe von bis zu 50.000 Euro ausgeschrieben. Jede Mitgliedsstadt kann eine Künstlerin/einen Künstler in den Wettbewerb schicken. Wer gewinnt, stand bei Redaktionsschluss leider noch nicht fest. Doch schon die Nominierung hat den Bielefelder gefreut. „Der Preis ist im Kunstbereich angesiedelt“, so Veit Mette. „Aber erst in den letzten zwei,
drei Jahren mache ich Arbeiten, die ich selbst als Kunst- und nicht als Fotoprojekte sehen würde. Die Rückmeldung von so einer super besetzten Jury bedeutet daher eine große Wertschätzung.“ Zugleich ist sie so etwas wie ein Jubiläumsgeschenk. Denn im Jahr 2020 ist es exakt dreißig Jahre her, dass der Bielefelder die Fotografie zum Beruf gemacht hat.

Veit Mettes Leidenschaft für den Blick durchs Objektiv reicht aber noch weiter zurück. „Ein guter Freund war in der Foto-AG der Schule, der hat mich angefixt“, lacht der 59-Jährige. Sein Konfirmationsgeld steckte er in seine erste Kamera. „Das war eine Asahi Pentax SPs, eine analoge Spiegelreflexkamera, mit Belichtungsmesser, aber ohne Automatik. Dazu ein 50 mm Objektiv, kein Zoom, kein Tele, kein Weitwinkel, kein Blitz. Im Nachhinein war das eine sehr gute Kamera, eine gute Schule, um das Sehen von Licht zu lernen. Überhaupt war man damals beim Fotografieren viel aufmerksamer, schließlich kostete jeder Film Geld.“

Die Fotografie begleitete Veit Mette auch während seines Zivildienstes und durch das Lehramtsstudium für Kunst und Sozialwissenschaften an der Uni Bielefeld. Im Nachhinein ist es ein echter Glücksfall, dass die Aussichten für Lehrer mit dieser Fächerkombination da mals schlecht waren. So wurde 1990 sein erstes professionelles Jahr als Fotograf und FotoJournalist „Damals kam vieles zusammen, was gut passte“, erinnert sich Veit Mette. Eine Bielefelder Fotoagentur fragte ihn an, so kam er an erste Jobs für den „Spiegel“. Und er konnte als Fotograf beim „Stadtblatt“ einspringen. „Wenn es schlechter gelaufen wäre, hätte ich wohl doch das Referendariat gemacht. Aber ich konnte mich über Wasser halten, das ist für Fotografen gar nicht schlecht.“

Veit Mette

Natürlich ist „Neunzehnhundertneunzig“ – so der Titel der Ausstellung, die noch bis zum 3.10. am Kesselbrink-Parkhaus gezeigt wird, nicht nur für den Fotografen selbst ein spannendes Wendejahr. Mit einer Mischung aus (Sozial-)Reportage, Porträts und intimen Alltagsbeobachtungen hat Veit Mette dieses Jahr gesellschaftlicher, politischer und kultureller Umbrüche in Deutschland eingefangen. Festgehalten in der für ihn typischen Schwarzweiß-Fotografie und damit vollkommen anders als seine aktuelle Serie „World Out / Off Frame”. Wäre da nicht die Verbindung des ganz eigenen Blicks, der gerne verwirrt und irritiert, könnte man meinen, es mit einem anderen Fotografen zu tun zu haben. Denn hier arbeitet Veit Mette in Farbe und mit einer besonderen Technik. „Mit der Digitalkamera habe ich bis zu neun Bilder übereinander fotografiert, um die größtmögliche Form von Abstraktion zu erzielen“, verrät der Künstler. Da durch die Mehrfachbelichtungen auch die Informationen übereinanderliegen, setzen sich Schärfe und Unschärfe wieder neu zusammen. Das Ergebnis: Stimmungsvolle Bilder von Gebäuden, Menschenansammlungen und Landschaften, die wie Gemälde wirken. Über das Malerische hinaus erzählen die Fotografien auch etwas von einem Lebensgefühl. „Wie sehen wir heute eigentlich unsere Welt, wie unscharf ist sie geworden? Das Flirrende, nicht Fassbare, Unsichere, das sich nicht genau einordnen lässt, verbinde ich mit unserer Zeit“, unterstreicht Veit Mette. Gerade in ihrer Unschärfe werfen die Bilder Fragen auf: Wie verändert sich die Stadtgesellschaft, wie prägt der Klimawandel Landschaft und Natur? „Ich bin ein ausgesprochener Menschenfotograf“, sagt der Bielefelder, „aber auf diese Art habe ich die Landschaftsfotografie entdeckt. Für mich ist das ein verrückter Weg.“

www.veitmette.de

Tipp: Am 10. & 11.10.20 läuft im Forum die Fotoausstellung „BI DIFFERENT“ mit Porträts von Menschen unterschiedlicher sexueller und geschlechtlicher Identitäten. Während die Sichtbarkeit von LSBTIQ* Menschen in der Öffentlichkeit gerade in der Coronazeit abnimmt, werfen die mehrfachbelichteten Fotos einen anderen Blick auf unsere Vielfalt.
Wild, schräg oder intensiv.

Fotos: Veit Mette

Text: Stefanie Gomoll

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