40 JAHRE THEATERLABOR
Bilder von Tom Dombrowski
TOR 6 THEATERHAUS Ausstellung bis ENDE 2023
EINER DER GROSSEN GLÜCKSFÄLLE IN DER GESCHICHTE DES THEATERLABORS, DAS IN DIESEM JAHR SEIN JUBILÄUM FEIERT, WAR UND IST DIE ARBEIT VON TOM DOMBROWSKI, DER DAS ENSEMBLE FAST DIE GESAMTEN 40 JAHRE ALS FOTOGRAF BEGLEITETE. ANLÄSSLICH DES JAHRESTAGS ZEIGT EINE AUSSTELLUNG RUND 50 FORMATE.
Er steht nicht gern im Mittelpunkt. Auch angesichts seiner Foto-Ausstellung, die in 50 Formaten 40 Jahre Theaterlabor einfängt, ist das nicht anders. „Ich bin lieber hinter meiner Kamera“, betont Tom Dombrowski „Beruflich bin ich dann aber auf eine Truppe Verrückter gestoßen, die nichts lieber macht, als sich zu präsentieren“, wie er schmunzelnd feststellt. Und es war ein echter Glücksfall für den heute 69-Jährigen, der zur Gründergeneration der Theaterlabors sowie von Artists Unlimited zählt. An seine damalige Situation erinnert er sich noch genau: „Mein Studienabschluss lag zwei Jahre zurück und ich war vom Land gerade nach Bielefeld zurückgekehrt. Und habe dann festgestellt, dass es nicht unbedingt das Landleben sein muss. Wenn das Fenster geöffnet ist und ein Saxofon spielt, ist das auch ein schöner Frühling.“
Zum Theaterlabor kam er durch Zufall. „Agamemnons Enkel“ wurde damals von der Uni Bielefeld verfilmt. „Wir hatten die Erlaubnis auf der Baustelle des Städtischen Krankenhauses – es wurde damals gerade gebaut – zu drehen“, erinnert sich Tom Dombrowski an die moderne Inszenierung durch das Theaterlabor. Er sprang als „Standbildfotograf“ ein, machte die Fotos und entwickelte sie noch in der Nacht. Für ihn ein Volltreffer. „Ich wusste sofort: Das ist das, was ich will!“ Dass es der Startschuss für eine bis ins Rentenalter reichende abwechslungsreiche berufliche Laufbahn sein sollte, war damals allerdings nicht absehbar. „Wir haben von Jahr zu Jahr gedacht und geplant“, erklärt der Fotograf, der an der Fachhochschule Bielefeld sein FotografieStudium absolvierte und Bildgestaltung von der Pike auf lernte.
Beim Theaterlabor war er jedoch überall dabei. Er kümmerte sich um die Licht- und Tontechnik, übernahm die Grafikarbeiten und war als Bühnenbildner aktiv. „Und da wir mit dem Theaterlabor auch viel unterwegs waren, in Deutschland, aber auch weltweit, habe ich auch den Lkw gefahren und Kisten geschleppt“, sagt Tom Dombrowski. Eine für ihn auch im Rückblick spannende Zeit. Fest steht für ihn auch: Nur eine Sache zu machen, hätte ihn gelangweilt. Selbst die Fotografie. „Für die habe ich mich bewusst entschieden, aber ich habe immer auch schon gern gezeichnet und so jede leere Seite gefüllt“, stellt Tom Dombrowski fest, der parallel zur Fotografie als bildender Künstler aktiv ist.
Die Foto Ausstellung zum 40. Jubiläum ist nicht nur eine Zeitreise durch die Geschichte der Theaterlabors, sondern auch ein ganz persönlicher Rückblick. Verknüpft mit vielen Erinnerungen und Anekdoten. Etliche Festplatten umfasst sein privater Fotofundus. In den Anfängen analog, später digital. „Schnell arbeiten musste ich immer“, so Tom Dombrowski. Das war in den analogen Zeiten aber noch eine andere Nummer.“ Während der Generalprobe schoss er die Fotos, damit diese vor der Premiere für die Presse zur Verfügung standen. Dafür legte er so manche Nachtschicht ein. „Daher sind diese Fotos auch alle schwarz-weiß – das ging einfach schneller“, so der Bielefelder Fotograf, der sich – während er durch die Foto-Ausstellung geht – an viele Kleinigkeiten erinnert. Und zum Glück hat er bereits früh darauf gepocht, ein Bild-Archiv für das Theaterlabor anzulegen. Ganz nach dem Motto: „Ihr wollt euch doch später daran erinnern, was ihr Verrücktes gemacht habt!“
Die Bildauswahl für die Ausstellung war nicht einfach. Der Anspruch des Bielefelder Fotografen ist hoch. „Es war ein innerer Kampf mit mir selbst. Es gibt eben Bilder mit Kultwert oder Kulturwert. Das liegt oft nah beieinander, ist dann aber doch sehr unterschiedlich“, wie er feststellt und hat gleich ein Beispiel parat. „Als Motiv ist der Eiffelturm oder der Kölner Dom abgenutzt und es gibt bessere Fotos von diesen Bauwerken, als ich sie schießen könnte.“ Das liegt nicht an seinen fotografischen Qualitäten, sondern am Anspruch des Bielefelders, der sich seinen Motiven annähert. „Manche Sachen muss man sich erarbeiten. Das heißt auch, dass es optimale Tages- oder Jahreszeiten gibt, um genau das Motiv perfekt in Szene zu setzen. Das gilt auch für die besagten Bauwerke.“
Seine besondere Fähigkeit ist das Warten auf diese Momente. Seine Geduld scheint grenzenlos, wenn es um den einen Augenblick geht, der über sich selbst hinausweist. Auf der Suche nach dem perfekten Augenblick, wo eine Geste, ein Gesichtsausdruck eine besondere Wirkung entfaltet und in dem die gesamte Inszenierung zu finden ist. „Diese Momente sind oft sehr kurz“, weiß Tom Dombrowski, der sich oft fragte, ob der Schauspieler im richtigen Licht und er an der richtigen Position stand. „Theater ist schließlich eine dunkle Sache.“ Im Theaterlabor nutzte er die Proben. „Ein weiterer Vorteil war, dass ich als Hausfotograf im Theaterlabor während der Vorstellung auf die Bühne treten konnte, um Fotos zu machen. Wenn ich am Ende gefragt wurde, ob ich überhaupt Fotos gemacht hätte, war das immer das schönste Kompliment. Denn als Fotograf möchte ich zwar den Augenblick festhalten, aber eben nicht stören.“ Mit zunehmendem Alter ist Tom Dombrowski den Schauspielern buchstäblich immer nähergekommen, um diese Emotionen, die Spannung, die Dramatik oder den Witz einzufangen. „Es liegt in den Gesichtern“, lautet sein Resümee. Das spiegelt auch die aktuelle Ausstellung. Dabei ist übrigens auch ein Foto seiner Frau, die er durch das Theaterlabor
kennengelernt hat.
Text: Corinna Bokermann
Fotos: Tom Dombrowski