32. FILM+MUSIKFEST
Lost & Found
STUMMFILME SIND DIE SAURIER DES KINOS: VERLOREN, WIEDERGEFUNDEN UND AUFERSTANDEN IN ÜBERLEBENSGRÖSSE. DIE FRIEDRICH WILHELM MURNAU-GESELLSCHAFT TRÄGT MIT GROSSER BEGEISTERUNG UND EBENSOLCHEM ERFOLG ZU IHRER WIEDERENTDECKUNG BEI.
Wohl keine Filmepoche ist von so dramatischen Verlusten und spektakulären Wiederentdeckungen gekennzeichnet wie die des Stummfilms. So wurde der Abenteuerfilm „The Lost World“ kurz nach seiner Premiere auf die Hälfte der Laufzeit zurechtgestutzt und erst 1992 in fast vollständig erhaltener Ur-Fassung in einem Prager Filmarchiv gefunden. Das frühe Meisterwerk der Saurieranimation gilt als Vorbild für Steven Spielbergs Reißer „Jurassic Park“.
Als Fundbüro der Träume und der verlorenen Kostbarkeiten präsentiert das Film+MusikFest außerdem filmische Raritäten wie das wenig gezeigte expressionistische Psychodrama „Phantom“ von F. W. Murnau und das zwischen Dokumentarfilm und Märchen changierende, grandiose Melodram „Lonesome“ mit seinen in New Yorks Coney Island gedrehten, handkolorierten Rummelplatzszenen.
Als symphonische Uraufführung in Zusammenarbeit mit dem Staatsorchester Braunschweig und dem Filmmuseum München steht außerdem die definitive Restaurierung des expressionistischen Klassikers „Der Golem, wie er in die Welt kam“ auf dem Programm. Zum ersten Mal seit 90 Jahren wird die lange als verschollen geltende Premierenmusik von Hans Landsberger (rekonstruiert von Richard Siedhoff) in großer Orchesterbegleitung aufgeführt. Verloren sind aber manchmal auch die Helden der Filme. So wie Buster Keaton, der als Navigator heillos überfordert ist.
Wer noch mehr Infos zu allen gezeigten Filmen sucht, findet diese auf der Website www.murnaugesellschaft.de
Programm im Überblick:
21.10.22, 20:00, Rudolf Oetker Halle – The Lost World
Regie: Harry O. Hoyt
Begleitung: Metropolis Orchester, Komposition und Dirigat: Robert Israel
Acht Jahre vor dem Blockbuster „King Kong und die weiße Frau“ entwickelt Willis O’Brien, ein Pionier der Tricktechnik, für „The Lost World“ bahnbrechende Spezialeffekte, die den Science Fiction-Film bis heute staunenswert machen.
23.10.22, 17:00, Rudolf-Oetker-Halle – Der Golem, wie er in die Welt kam
Regie: Paul Wegener, Carl Boese
Begleitung: Braunschweiger Staatsorchester, Dirigat: Burkhard Goetze, Komposition: Hans Landsberger (1920), Bearbeitung: Richard Siedhoff
Das Prager Ghetto im 16. Jahrhundert: Um seine Gemeinschaft zu schützen, erschafft Rabbi Löw eine mächtige Lehmfigur, den Golem, und haucht ihr mit magischen Kräften Leben ein. Doch als Löws Assistent diesen künstlichen Menschen für eigene Zwecke missbrauchen will, läuft der Golem Amok.
27.10.22, 20:00, Lichtwerk – Die Carmen von St. Pauli
Regie: Erich Waschneck
Begleitung: Natalie Böttcher, Akkordeon
Star-Kino (Jenny Jugo, Willy Fritsch) vor dem Hintergrund einer authentischen Arbeitswelt: Unter Verwendung von zahlreichen Hafenansichten implementiert der Film den mythischen Nimbus einer „Seeräuber-Jenny“ in eine vermeintliche Alltagsszenerie. Travellings entlang der Hafenkante verleihen dem Film geradezu neorealistische Züge.
30.10.22, 15:00, Rudolf-Oetker-Halle Kino für Kurze
Kurzfilmprogramm für Kinder, Eltern, Großeltern
Begleitung: Alma Gröning (Violine), Sebastian Pank (Saxofon, Bassklarinette), Tobias Rank (Piano)
3.11.22, 20:00, Lichtwerk – Lonesome
Regie: Paul Fejos
Begleitung: Daniel Kothenschulte, Klavier
In einer Parallelmontage werden der Alltag einer jungen Telefonistin und eines Metallarbeiters gezeigt, die in derselben Fabrik arbeiten, voneinander nichts wissen und dann doch in New Yorks Vergnügungspark Coney Island zusammenkommen. Paul Fejos großartige Erzähltechnik und seine hochentwickelte Bildsprache zeigen das Stummfilmkino auf höchstem Niveau.
4.11.22, 20:00, Rudolf Oetker Halle – Phantom
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Begleitung: Bielefelder Philharmoniker, Komposition Robert Israel, Dirigat Bernd Wilden
Die Geschichte einer amour fou: Der Möchtegern-Dichter Lorenz Lubota wird von einer Pferdekutsche angefahren. Verwirrt und verstört verliebt er sich in die schöne Fahrerin, jagt ihr wie einem Phantom nach und verliert sich mehr und mehr in einer surrealen Traumwelt – die Murnau in beeindruckenden Bildern einfängt.
6.11.22, 17:00, Rudolf Oetker Halle – The Navigator
Regie: Donald Crisp, Buster Keaton
Begleitung: Cinematografisches Orchester, Komposition und Dirigat: Axel Goldbeck
Als weltfremder Millionärssohn, der plötzlich einen Ozeanriesen navigieren soll, stiftet Buster Keaton jenes hinreißende Chaos, das er selbst mit schicksalsergeben stoischer Miene trägt und das ihn zu einem der bedeutendsten Slapstickkomödien-Regisseure des frühen Hollywood machte.